Wie beschämend ist es, wenn man mit diesen Worten von einem Platz verwiesen wird. Dazu hat Sophie Lange uns eine Geschichte geschrieben.
Gerangel beim Stuhlkreis in der Kita. „Das ist mein Platz“,
verteidigen Kinder ihren Lieblingsplatz, direkt neben der besten Freundin oder
dem liebsten Freund. Erst ein Spiel bringt etwas Ruhe unter die Kleinen. Die
Erzieherin stellt einen leeren Stuhl in die Runde. Das Kind links davon klopft
nun auf den Sitz und sagt: Mein rechter Stuhl ist leer, ich wünsche mir...her.
Und nennt einen Namen. Das genannte Kind wechselt nun den Platz. Nicht immer
gerne. Die Spielregel sagt, dass es wie ein Tier kommen kann, z. B. ein
Elefant, ein Känguru oder eine Schlange. Das erleichtert etwas den
Platzwechsel.
Bei der Einschulung dürfen die Kinder sich ihren Platz zwar
aussuchen – natürlich neben einem Kind, das sie bereits kennen - aber schon
bald ändert die Lehrperson die Sitzordnung, eben so wie sie es für sinnvoller
hält. Gar nicht so einfach, seinen Platz selbst zu bestimmen und zu
verteidigen, in der Schule, im Beruf, in der Familie, im Leben.
Der Mensch hat seit Urzeiten um seinen Platz gekämpft. Das
fing wahrscheinlich zu dem Zeitpunkt an, als die Menschen feststellten, dass
sie Samen in die Erde streuen konnten und neue Früchte heranwuchsen. Nun brauchten
sie nicht mehr als Nomaden durch die Weltgeschichte umherzuziehen. Sie wurden
sesshaft, suchten sich ein fruchtbares Stück Land auf Mutter Erde aus, Zaun
drum herum und: Das ist mein Platz. Wehe, wenn jemand die Grenze überschritt.
Dann wurden die Fäuste geschwungen, es gab Streit, Nachbarschaftsstreit
Aber zurück zum Stuhlkreis. Allerdings nicht mehr in die
Kita, sondern in die Seniorenstunde im Pfarrheim. Hier hat auch jeder seinen
festen Platz und wehe, wenn ein anderer, etwa ein Neuling, sich erdreistet,
diesen Platz einzunehmen. Das gibt Zoff in der Bude. Da wackeln die Bilder an
den Wänden. „Das ist mein Platz und mein Nebenmann ist und bleibt mein
Nebenmann“, pocht eine „Alteingesessene“ mit hochrotem Kopf und dröhnender Stimme auf ihr Recht. Das ist
zwar kein gesetzlich-verbrieftes Recht aber ein Gewohnheitsrecht und das zählt
gewohnheitsgemäß doppelt und dreifach.
Nun kann die Gruppenleiterin nicht wie bei den Kleinen zum
Spiel aufrufen „mein rechter Platz ist leer,“ - wir sind doch hier nicht im
Kindergarten! – sondern appelliert an die Vernunft, die sich ja in einem
gewissen Alter einstellt oder zumindest einstellen sollte. Mit etwas Diplomatie
ist auch bald Ruhe im Karton, vielmehr im Kreis und friedlich-fröhlich singend
beginnt die Seniorenstunde mit dem alten Volkslied:
Wir sitzen so traulich beisammen
und haben einander sooo lieb, ja so lieb.
Wir erheitern einander das Leben,
ach wenn es doch immer so blieb.